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Predigten & Andachten

 

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"Beten und Läuten für das Klima" - Klimaandachten der Kirchengemeinde

 

Seit Herbst 2019, als die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-Schlesische Oberlausitz zu Klimaandachten aufrief, findet monatlich eine solche Andacht in unserer Gemeinde statt. Die Jugendlichen der Jungen Gemeinde bereiten diese Andachten gemeinsam mit Pfarrerin Nele Poldrack vor.

Medial aufbereitete Informationen zu einzelnen Aspekten der Klimaschädlichkeit bestimmter Konsumgewohnheiten, die wir selten reflektieren, Bibeltexte, Gebet und Glockengeläut gehören zu den Elementen dieser Andachten. Informiertes Nachdenken und Beten um Änderungen, um Mut, das Leben zu ändern und um Gottes Erbarmen gehören zusammen, wenn wir bewusster Leben und die Schöpfung bewahren wollen. Mit diesen Andachten geben wir dafür (Denk-)anstöße.

Die nächsten Termine:

 

Wegen der Coronapandemie sind die Treffen der Vorbereitungsgruppe derzeit nur eingeschränkt möglich. Deshalb gibt es auch noch keinen Termin für die nächste Klima-Andacht. Wir geben ihn sobald wie möglich bekannt.

 

 

Predigtreihe 2023 "Beziehungen und Beziehungskisten in der Bibel"

In diesem Jahr wurde nach der Corona-bedingten Pause von s Jahren in der Region Süd-West unseres Kirchenkreises wieder eine Predigtreihe durchgeführt. Die PfarrerInnen und PrädikantInnen wählten sich jeweils eine biblische Geschichte, in der eine "Beziehungskiste" erzählt wird, und predigten in den unterschiedlichen Gemeinden zu diesen Geschichten, so dass alle Gemeinden die verschiedenen Predigten erleben konnten. Wir drucken hier die Predigten, die in schriftlicher Fassung vorliegen, ab und zwar in der Reihenfolge, wie sie in Leegebruch gehalten wurden.

 

Predigt vom 15.01.2023 - Pfr. Felix Sens

„Es kommt in den besten Familien vor …“

Predigt zu Gen 1,27-28

Predigttext Gen 1,27-28 Bigs

Da schuf Gott, Adam, die Menschen, als göttliches Bild als Bild Gottes wurden sie geschaffen, männlich, weiblich hat er, hat sie hat Gott sie geschaffen.

Dann segnete Gott sie Gott, in dem Gott zu ihnen sprach:

Seid fruchtbar, vermehrt euch, füllt die Erde und bemächtigt euch ihrer. Zwingt nieder die Fische des Meeres, die Vögel des Himmels und alle Tiere, die auf der Erde kriechen.“

 

Liebe Gemeinde,

im vergangen Jahr macht der Berliner Schauspieler Alexander Bojan bekannt als Kurt Krömer seinen Kampf gegen Depressionen und Alkoholsucht öffentlich.

Er veröffentlichte ein Buch, „Du sollst nicht alles glauben was du denkst“, schrieb dort über die Jahre der Verleugnung, über den Weg zur Anerkennung der Krankheit, beschrieb Situationen in denen seine Sucht und Niedergeschlagenheit das Alltagsleben unmöglich machten, wie sehr die Beziehungen zu seinen Partner*innen, Freund*innen und v.a. zu seinen Kindern darunter litten. Er zeichnet das Bild eines funktionierenden Abhängigen Erzählt von Auftritten, die er ganz ohne Lallen, aber mit locker 7 Bier intus zu bewerkstelligen vermochte,. Berichtet, wie sich sein professionelles und privates Umfeld an seinen Konsum und seine davon abhängigen Stimmungsschwankungen gewöhnten. „Der Kurt - so legt er es seinem Umfeld rückblickend in den Mund- der Kurt, der ist halt manchmal schlecht drauf, aber so lange es zu den Auftritten schafft und uns zum Lachen bringt ist ja eigentlich noch alles in Ordnung.“

Das da einer massiven Raubbau an eigenem Körper und Seele betreibt, das wollte niemand so Recht wahrhaben.

Auch Agnes, die in einer Sendung des WDR über die Sucht ihres Ehemannes berichtet, beschreibt das ähnlich. „Ich wollte es nicht wahrhaben. Hab lange alles in mich hineingefressen, über mich ergehen lassen, ich wollte halt einfach dass meine ‚heile Welt‘ bestehen bleibt.“

Sich einzugestehen, dass da einer, eine, die man liebt, sich zerstört, dass ihm oder ihr nicht so  gut geht, dass es nur diesen einen Ausweg zu geben scheint, das tut weh. Noch dazu ist das Thema Sucht mit einem großen Tabu belegt und Scham behaftet. Obwohl uns die Suchtmittel tagtäglich, beinahe penetrant umgeben, es ja auch erwartet wird sie zu konsumieren, Doch das man das nicht mehr unter Kontrolle hat, das kann nun wirklich nicht sein. Ganz schön schwach!

Dabei wissen sie es vermutlich, ich kenne es in jedem Fall aus meinem direkten Umfeld, die Sucht nach Betäubungsmittel in unterschiedlichen Formen, sie kommt in den allerbesten Familien vor. Etwa 5.5 Millionen Menschen in Deutschland haben eine im medizinischen Fachjargon sogenannte „suchtmittelbezogene Störung“ (ohne Nikotinsucht). Allein von der Alkoholsucht der Partner*innen, Eltern oder Geschwister sind in Deutschland 8 Millionen Menschen betroffen. Darüber zu sprechen fällt dennoch schwer.

Ich war deswegen froh, dass  Kurt Krömer den auf unterschiedlicher Weise schmerzhaften Weg in die Öffentlichkeit wagte, sich zur Verfügung stellte für notwendige Diskussionen und Aufmerksamkeit auf dieses Thema lenkte. Ich finde v.a. eine Folge seiner Sendung „Chez Krömer“ in der er mit seinem Freund und Kollegen, Thorsten Sträter, der ähnliche Erfahrungen machte mit Sucht und Depression, sehr empfehlesnwert.  Sie finde sie auf youtube.

Und auch wenn es häufig vorkommt, so sollte sie dennoch nicht Normalität sein.

Sucht zerstört den Körper des*der Betroffenen, sie schädigt seiner*ihrer Seele, sie verunmöglicht Beziehung zu den Nächsten, selbst wenn da mal Liebe war.

Der Psychoanalytiker Wolf-Detlef Rost berichtet aus seiner jahrelangen Arbeit mit Suchtkranken, dass bei Abhängigen die Droge zum mächtigen Liebensobjekt wird, neben dem alle anderen Partner*innen nur verlieren können. Wenn das Leben sich auf die Droge ausrichtet, sind alle anderen Beziehung drum herum nur noch zweitranging, sie erfüllen in erster Linie einen Zweck. Das Gegenüber wird gar nicht gesehen, eine Beziehung auf Augenhöhe, von erwachsener Person zu erwachsenen Person ist dann gar nicht möglich. Das Suchtmittel wird gleichzeitig, so schreibt Wolf Rost, mystifiziert, verklärt und sowohl als allmächtiges Selbstheilungsmittel als auch probates Mittel der Selbstzerstörung/Selbstbestrafung angesehen. Sich widerstreitenden, heftige Gefühle vom Wunsch nach Nähe und der gleichzeitigen Angst vor dem Verlassen-Werden werden von der Droge ganz bestimmt nicht enttäuscht, die ist nicht so unzuverlässig wie die Menschen um mich herum. Brennende Schmerzen werden damit gelöscht.

In seiner Therapie lernen seine Patient*innen, wenn sie es schaffen, abstinent zu bleiben, für die widerstreitende Gefühle, für all den Schmerz und die Trauer, die sie in sich tragen, Worte zu finden und damit in den Austausch mit anderen zu treten.

Sie lernen wieder in Beziehung zu sein.

„Füllt die Erde und bemächtigt euch ihrer. Zwingt nieder die Fische des Meeres, die Vögel des Himmels und alle Tiere, die auf der Erde kriechen.“

Das das Verhältnis, die Beziehung von Mensch und Natur ein gestörtes, in den Sozialwissenschaften würde man vielleicht von einem dysfunktionalen Verhältnis sprechen, das ist nicht erst seit der Dürre hier in Kontinentaleuropa im vergangenen Sommer, dem wärmsten Winter seit Aufzeichnung in dieser Gegend   bekannt.

Sie wird nicht nur sichtbar, wenn rund um Lützerath wieder tiefe Wunden in die Erde gerissen werden.

Menschen haben aus dem sogenannte Herrschaftsaufrag aus dem 1. Schöpfungsbericht lange Zeit einen Freifahrtschein für absolute Ausbeutung abgeleitet.

Und Gewalt steckt in diesem Satz.

Das hebräische Verb cwasch wird in anderen Zusammenhängen in der Bibel für brutales Vorgehen verwendet.  Für die kriegerische Eroberungen eines Landstriches oder aber auch bei einer Vergewaltigung im Buch Ester. Diese Fähigkeit besitzt der Mensch, quod erat demonstrandum. Doch wird dabei vergessen, dass der Segen Gottes die Menschen dazu befähigt, eine Möglichkeit aufzeigt und nicht ein absolutes Beziehungsgefälle beschreibt. Du bist in der Lage den Ackerboden mit aller Gewalt aufzureisen, das Feld zu bestellen, Tiere zu bändigen, Welt zu verändern. Nutze es, bevölkere diese Welt, die ich dir zur Verfügung stelle und vergiss dabei nicht wovon die restlichen 27 Verse des ersten Schöpfungsberichts der Bibel erzählen: Dass du ein göttliches Geschöpf Gottes bist wie all das um dich herum auch, dass in allen Geschöpfen wie in dir der lebenspendende Atem Gottes steckt.

Doch der Mensch erscheint mir in dieser Beziehung eher wie ein Abhängiger, abhängig vom Suchtstoff Macht und Herrschaft.

Was ist ein Mensch, der nicht unterordnet und unterwirft?

Wie es Agnes bereits vorher beschrieb ist es schwierig und schmerzhaft sich eine solche Abhängigkeit tatsächlich einzugestehen. Vielmehr werden höchste Anstrengungen unternommen, viel Energie und Ressourcen aufgewendet um das Bild einer ach so heile Welt aufrecht zu erhalten. Soll doch bloß niemand schlecht über uns reden!

Im Januar veröffentlichte das Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung und Wissenschaftler*innen der US-Amerikanischen Universität Harvard eine Untersuchung, die belegt, dass der weltweit größte Öl- und Energiekonzern, die us-amerikanische Firma ExxonMobile (mit besten Verbindungen zu den v.a. republikanischen Präsidenten der vergangen Jahre der US) bereits in den 1970er Jahren durch eigene Untersuchungen von den Folgen der westlichen Lebensweise für unser Klima wusste. Sie berechneten die Zusammenhänge der Erderwärmung in gleicher Weise und beinahe zeitgleich wie unabhängige Wissenschaftler*innen, die uns seitdem davor warnten. Millionen Dollar wurden jedoch investiert in eine Politik und scheinbar ebenso wissenschaftliche Belege, die eine solche Entwicklung verleugneten. Es sich einzugestehen hätte natürlich massiv den Betrieb gestört. Das wäre schlecht fürs Geschäft und es gäbe einen Riss in dem so liebgewonnen Bild von der vom Menschen beherrschten und steuerbaren Natur.

Ähnlich meine Erfahrung vergangene Woche in Tirol: ich dort meine Schwester besucht. Auch in den Alpen blieb der große Schnee diesen Winter aus. Doch der Skitourismus pulsierte trotzdem. Kurzerhand wurde auf frühlingsgrünen Berghängen Kunststoffmatten ausgelegt und mit viel Energie mit Wasser bespritzt, das zu gefrieren gebracht wurde und man so wie gewohnt auf zwei Bretten den Berg hinunterrutschen konnte. Das sich da gerade etwas fundamental ändert, dass die Natur uns da möglicherweise Signale des Notstands sendet, das mag einfach nicht vernommen werden.

Zu groß scheint mir da die Furcht Gewohnheiten, ob schädlich oder nicht, über Bord zu werfen.

Wie Abhängige müssen wir sprechen lernen. Sprechen lernen darüber, was uns in die Sucht treibt. Die Sucht zur Herrschaft, die uns beziehungsunfähig macht. Lernen welche Ängste es sind die uns so verunsichern, dass wir uns an die Macht über die Natur klammern, uns in ihr verbeißen. Das verhindert, dass wir unsere Mitgeschöpfe, die Schöpfung als ein Gegenüber anzuerkennen, dass wir ihnen wie in Gottes Blick auf Augenhöhe begegnen.  Wie in jedem Therapieprozess müssen wir also da in erster Linie an der Beziehung zu uns selbst arbeiten bevor eine gesundes, konstruktives Verhältnis zu unseren Partner*innen wieder wachsen kann.

Neben dem Reden und sich Öffnen, den eigenen Unzulänglichkeiten ist ein erster, aber notwendiger Schritt zur Heilung die Abstinenz, der Verzicht auf Macht. Die Welt wird sichtbar wie sie ist, nicht weichgezeichnet durch den Schleier der Droge.

Einer der Patienten von Wolf Rost berichtet, dass er erst als er aufgehört hat zu trinken gemerkt hat wie schlecht es ihm wirklich geht. Das sind keine leichtfüßige Schritte, nicht selten empfiehlt sich da ja auch eine Umgebung, die einem Sicherheit gibt, eine Einrichtung, die sich mit solchen Prozess auskennt. Vielleicht können wir uns ein solche Umgebung auch gegenseitig aufbauen, wenn wir uns auf den schwierigen des Machtentzugs begeben.

Doch wenn dann einmal dieser steinige Wege beschritten ist und Mensch vorankommt, und Therapie ist oft möglich, da bin ich mir sicher und als hoffnungsvolles Beispiel ist nur noch einmal das ehrliche, aber oft auch witzige Buch von Kurt Krömer „Du sollst nicht alles glauben was du denkst“ empfohlen,  dann wartet da am Ende ein klarer Blick auf eine Welt

 

die sie gegründet hat auf ihren Fundamenten,

dass sie nicht wanke – immer und alle Zeit.

Quellen schickt sie in ihre Täler. Zwischen den Bergen gehen sie dahin,

tränken alle Lebewesen der Wildnis.

Wildesel löschen ihren Durst.

Über ihnen wohnen die Vögel des Himmels,

aus dem Gebüsch lassen sie ihre Stimmen hören.

Die Berge tränkt da Gott aus seiner hohen Wohnung,

von der Frucht seiner Werke wird die Erde satt.

Gott lässt darin Gras wachsen für das Vieh

und Pflanzen für die Arbeit der Menschen,

um Brot aus der Erde hervorzubringen,

15 dazu Wein – er erfreut das menschliche Herz –,

Öl, um die Gesichter glänzen zu lassen,

und Brot, um das menschliche Herz zu stärken.

16 Satt werden die Bäume der Einen,

die Zedern des Libanon, die sie gepflanzt hat,

17 wo Vögel nisten, der Storch in den Wipfeln sein Haus hat.

18 Die hohen Berge sind für die Steinböcke,

die Felsen Zuflucht für die Klippdachse.

19 Den Mond hat sie für die Festzeiten gemacht,

und die Sonne, die selbst den Ort ihres Untergangs kennt.

Gott bestimmst, dass Finsternis sei, und es wird Nacht.

Dann regen sich alle Lebewesen des Waldes.

21 Die Junglöwen brüllen nach Beute,

um von GOTT ihre Nahrung zu fordern.

22 Geht die Sonne auf, ziehen sie sich zurück

in ihre Wohnungen und legen sich nieder.

23 Und heraus geht der Mensch, an sein Werk,

an seine Arbeit bis zum Abend.

 

Wir, die Therapierten können dann rufen und erkennen

24 Wie viele sind deine Werke, du, die Eine!

Alles hast du in Weisheit gemacht.

Voll ist die Erde von deinen Geschöpfen.

25 Da ist das Meer, groß und weit nach allen Seiten,

da tummeln sich ohne Zahl kleine Lebewesen mit großen.

26 Dort fahren Schiffe umher,

der Leviatan, den hast du geformt, mit ihm zu spielen.

27 Alle warten auf dich, dass du ihnen Nahrung gibst zu ihrer Zeit.

28 Du gibst ihnen – sie sammeln ein.

Du öffnest deine Hand – sie werden satt an Gutem.

29 Du verbirgst dein Angesicht – sie erschrecken.

Du nimmst ihre Geistkraftvzurück – sie sterben,

werden wieder zu Staub.

30 Du schickst deine Geistkraft– sie werden geschaffen,

neu machst du das Angesicht des Erdbodens.

31 Die strahlende Macht der Einen für immer!

Die Eine freue sich an ihren Geschöpfen.

32 Die die Erde anschaut, dass sie erbebt,

die Berge berührt, dass sie rauchen.

33 Singen will ich der Einen mit meinem Leben,

für meine Gottheit musizieren mit meinem Dasein!

34 Möge ihr gefallen, was ich ersinne – ich will mich freuen über die Eine!

35 Verschwinden sollen Verbrechen von der Erde,

Gewalttätige sollen nicht mehr sein.

Segne die Eine, du meine Lebenskraft!

Halleluja! Amen

 

Predigt vom 29. 01. 2023 - Pfr. i. R. Christoph Poldrack

(Die Geschichte von David und Abigajil wurde im Gottesdienst anstelle der alttestamentlichen Lesung und der Evangeliumslesung in zwei großen Abschnitten mit verteilten Rollen gelesen.)

1. Samuel 25, 2 – 42

 

2 In Maon lebte ein Mann, der beim Dorf Karmel Viehwirtschaft be­trieb. Der Mann war sehr reich und besaß dreitausend Schafe und tausend Ziegen. Und es begab sich, dass er eben seine Schafe schor in Karmel.

3 Der Mann hieß Nabal, seine Frau hieß Abigajil. Und sie war eine Frau von Verstand und schön von Angesicht, der Mann aber war roh und ein übler Mensch und war einer von Kaleb.

4 David hörte in der Wüste davon, dass Nabal seine Schafe schor,

5 er sandte zehn seiner Leute aus und sprach zu ihnen: „Geht hin­auf nach Karmel und wenn ihr zu Nabal kommt, so grüßt ihn freund­lich in meinem Namen

6 und sprecht zu meinem Bruder: ,Friede sei mit dir und deinem Hause und mit allem, was du hast!

7 Ich habe gehört, dass bei dir Schafschur ist. Nun, deine Hirten sind mit uns zusammen gewesen; wir haben ihnen nichts zuleide getan und sie haben nichts vermisst, solange sie in Karmel gewesen sind.

8 Frage deine Leute danach, die werden’s dir sagen. Und lass mei-ne Leute Gnade finden vor deinen Augen, denn wir sind an einem Festtag gekommen. Gib deinem Sohn David und seinen Männern, was du gerade zur Hand hast.‘“

9 Die Männer Davids gingen und redeten in Davids Namen alle diese Worte mit Nabal. Als sie geredet hatten, warteten sie ruhig.

10 Nabal antwortete den Männern Davids: „David? Wer ist denn das? Wer ist schon der Sohn Isais? Es gibt jetzt viele Sklaven, die ihren Herren davongelaufen sind.

11 Sollte ich mein Brot und mein Wasser nehmen und mein Fleisch, das ich für meine Scherer geschlachtet habe, und Leuten geben, von denen ich nicht weiß, woher sie kommen?“

12 Da kehrten die Männer Davids um und gingen ihres Weges. Als sie zu David zurückkamen, berichteten sie ihm alles.

13 Da sprach David zu seinen Männern: „Jeder gürte sich ein sein Schwert um!“ Und jeder gürtete sich sein Schwert um; auch David gürtete sich sein Schwert um, und etwa vierhundert Mann zogen ihm nach, aber zweihundert blieben bei dem Tross.

14 Einer von den Hirten sagte der Abigajil, Nabals Frau: „Sieh, Da­vid hat Boten gesandt aus der Wüste, unsern Herrn zu grüßen, er
aber hat sie angeschrien.

15 Doch die Männer sind uns doch sehr nützlich gewesen und ha­ben uns nichts zuleide getan und wir haben nichts vermisst, solange wir mit ihnen umherzogen, wenn wir auf dem Felde waren,

16 sondern Tag und Nacht boten sie sind uns Schutz, als wir die Schafe in ihrer Nähe weiden ließen.

17 So bedenke nun und sieh zu, was du tun kannst; denn gewiss ist das Unheil beschlossene Sache, das unserem Herrn und seinem ganzen Haus droht. Er aber ist ein so übler Mensch, dass man mit ihm nicht darüber reden kann.“

18 Da eilte Abigajil und nahm zweihundert Brote und zwei Krüge Wein und fünf zubereitete Schafe und fünf Maß Röstkorn und hun­dert Rosinenkuchen und zweihundert Feigenkuchen und lud alles auf Esel

19 und sprach zu ihren Leuten: „Geht vor mir her; seht, ich will so­gleich hinter euch herkommen.“ Und sie sagte ihrem Mann Nabal nichts davon.

20 Als sie auf dem Esel ritt und hinabzog im Schutz des Berges, kam ihr David mit seinen Männern entgegen, sodass sie auf sie stieß.

21 David hatte gerade noch geschimpft: ,Für nichts und wieder nichts habe ich aufgepasst, dass nichts vermisst wurde von allem, was er hat; und er vergilt mir Gutes mit Bösem!

22 Gott tue David dies und noch mehr, wenn ich Nabal bis zum lich­ten Morgen einen am Leben lasse, der da wie die Hunde an die Wand pisst.‘

 

 

23 Als nun Abigajil David sah, stieg sie eilends vom Esel und fiel vor David nieder und warf sich mit dem Gesicht auf den Boden

24 und fiel ihm zu Füßen und sprach: „Ach, mein Herr, es ist alles meine Schuld! Lass deine Magd reden vor deinen Ohren und höre die Worte deiner Magd!

25 Mein Herr, du darfst Nabal nicht ernst nehmen, diesen üblen Kerl; denn wie sein Name, so ist er: Er heißt »Tor« und Torheit ist bei ihm. Mein Herr, du hast deine Männer zu uns geschickt. Ich aber, deine Magd, war nicht da, als sie kamen.

26 Nun aber, mein Herr, so wahr der HERR lebt und so wahr du selbst lebst: Der HERR hat dich davor bewahrt, in Blutschuld zu ge­raten und dir mit eigener Hand zu helfen. So sollen deine Feinde und alle, die meinem Herrn übel wollen, wie Nabal werden!

27 Bitte nimm jetzt dieses Geschenk an, das deine Magd meinem Herrn mitgebracht hat; du sollst es unter den Männern verteilen, die meinem Herrn auf Schritt und Tritt folgen.

28 Verzeih deiner Magd die Anmaßung! Der HERR wird dir zu ei­nem Königshaus verhelfen, das Bestand hat, denn du führst des HERRN Kriege. Es möge nichts Böses an dir gefunden werden dein Leben lang.

29 Und doch gibt es einen Menschen der dich verfolgt und dich um­bringen will. Trotzdem wird mein Herr sein Leben nicht verlieren. Denn der HERR, dein Gott, bewahrt die Menschen, deren Namen im Beutel des Lebens verschnürt sind. Dagegen wird er das Leben deiner Feinde wegschleudern wie einen Stein mit der Schleuder.

30 Wenn dann der HERR meinem Herrn all das Gute tun wird, was er dir zugesagt hat, und dich zum Fürsten bestellt hat über Israel,

31 so wird mein Herr nichts bereuen müssen. Du musst dir nicht vorwerfen, dass du unnötig Blut vergossen und dich mit eigener Hand gerächt hast. Sonst könnte das für dich ein Hindernis sein und ein Stein des Anstoßes. Wenn also der HERR es gut mit dir meint, dann denk an deine Magd!“

 

32 Da sprach David zu Abigajil: „Gelobt sei der HERR, der Gott Isra­els, der dich mir heute entgegengesandt hat,

33 und gesegnet sei deine Klugheit und du sollst gesegnet sein, weil du mich heute davor bewahrt hast, in Blutschuld zu geraten und mich mit eigener Hand zu rächen.

34 Wahrhaftig, so wahr der HERR, der Gott Israels, lebt, der mich davor bewahrt hat, dir etwas Böses zu tun: Wärest du mir nicht schnell entgegengekommen, ich hätte keinen von Nabals Leuten am Leben gelassen. Noch vor Tagesanbruch hätte ich sie alle getötet, die da wie die Hunde an die Wand pissen.“

35 Dann nahm David aus ihrer Hand, was sie ihm gebracht hatte, und sprach zu ihr: „Nun geh in Frieden nach Hauss! Ich habe auf dich gehört und deine Bitte erfüllt.“

 

36 Als Abigajil zu Nabal zurückkam, hatte er ein Mahl zubereitet in seinem Hause wie das Mahl eines Königs, Nabal war bester Stim­mung und sehr betrunken. Darum erzählte sie ihm nichts bis zum andern Tag.

37 Am nächsten Morgen als er seinen Rausch ausgeschlafen hatte, erzählte ihm seine Frau die ganze Geschichte. Da erlitt Nabal einen Schlaganfall und lag regungslos da wie ein Stein.

38 Nach weiteren zehn Tagen ließ der HERR ihn sterben.

 

39 Als David hörte, dass Nabal tot war, sprach er: „Gelobt sei der HERR, der meine Schmach gerächt hat an Nabal und mich, seinen Knecht, abgehalten hat von einer bösen Tat! Denn das Böse, das Nabal tat, hat der HERR auf ihn zurückfallen lassen.“

Und David sandte Boten zu Abigajil und ließ ihr ausrichten, dass er sie zur Frau nehmen wolle.

40 Als die Knechte Davids zu Abigajil nach Karmel kamen, redeten sie mit ihr und sprachen: „David hat uns zu dir gesandt, er möchte dich zur Frau nehmen.“

41 Da stand sie auf, verneigte sich mit dem Gesicht zur Erde und sprach: „Siehe, deine Magd ist bereit, den Knechten meines Herrn zu dienen und ihre Füße zu waschen.“

42 Und Abigajil machte sich schnell auf den Weg. Sie setzte sich auf ihren Esel und ihre fünf Dienerinnen folgten ihr. So ritt sie den Boten Davids hinterher und wurde Davids Frau.

 

Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater und unserem Herrn Jesus Christus.

Liebe Gemeinde,

das soll es geben: Ein wohlhabender Mann, der Achtung in seinem Ort genießt, wirtschaftlich erfolgreich ist und sich einiges leisten kann, findet eine attraktive kluge Frau, die als Schönheit bezeichnet wird, um die der genannte Mann von manchem Mitbewerber benei­det wird. Und dann entdeckt die Frau, dass der Gatte, dessen Wer­bung sie erhört hatte, doch nicht so clever und kompetent ist, wie er vorgetäuscht hatte. Hinter der Fassade zeigen sich kleinlicher Geiz, mangelnder Weitblick was die Konsequenzen des eigenen Han­delns betrifft, und eine gut getarnte Alkoholabhängigkeit, die sich be­sonders bei wilden Feten zeigt, mit denen der Mann hin und wieder seine Freunde beglückt. – Was Wunder, wenn die Ehe der beiden nur noch auf dem Papier besteht und die Frau von ihrem Mann nicht besonders viel hält.

Das soll es geben: Ein junger erfolgreicher Mann, der als Holly­wood-Schönheit beschrieben wird, Anführer einer Gruppe von out­laws ist, die einen Guerillakrieg gegen den Machthaber des Landes führen, eine Art Robin Hood, erlebt das besonnene, vorausschau­en-de Handeln einer gerühmten Schönheit, er ist begeistert und über­wältigt, erliegt ihren Reizen und ihrer Intelligenz und wirbt, kaum ist deren Gatte verschieden, um ihre Hand und nimmt sie zur Frau.

Zwei Plots – beide nicht sonderlich originell – sind in unserer Ge­schichte miteinander verbunden, aber nicht so, dass nun eine kit­schige Geschichte voll sentimentaler Rührseligkeit entsteht, sondern eher eine nüchterne, fast protokollgemäß geschilderte Begebenheit.

Schauen wir uns die Zusammenhänge genauer an: David, der steile Karriere am Hof des Königs Saul gemacht hatte und dann in Ungna­de fiel, war geflohen – zunächst zu den feindlichen Philistern, dann in die zerklüftete Bergwelt Judäas. Eine Gruppe Frei­schärler hat er dort gesammelt, die mit Guerillaaktionen das Leben der Men­schen unsicher machen und die Autorität und das Ansehen König Sauls untergraben. Wenn der mit dieser Truppe nicht fertig wird, kann es mit seiner Eignung als Staatsmann nicht so weit her sein. Die Be­wohner Judäas gewinnt David für sich, indem er sie ge­gen räuberi­sche Banden schützt, die immer wieder Tiere aus den Herden der Bewohner stehlen. Diesen Schutz lässt sich David dann auch or­dentlich honorieren: Schutzgeld verlangt er von den Herden­besit­zern. Diese mafiaähnliche Praxis bildet den Ausgangspunkt der Ge­schichte.

Als Nabal die jährliche Schafschur veranstaltet – durchaus den Schlachtfesten vergleichbar, die früher bei uns die Bauern in den Wintermonaten feierten – als Nabal also den Gewinn seiner Vieh­zucht abschöpfen will, schickt David seine Männer, damit sie von Nabal ihren Anteil einfordern. Schutzgelderpressung würden wir das heute nennen. Wir helfen deinen Hirten gegen Banditen, verteidigen sie gegen die Räuber, aber du zahlst entsprechend Schutzgeld! Wir wollen auch leben. Eine Hand wäscht die andere: ihr profitiert von unserem Beistand, wir bekommen unseren Anteil am Lebensunter­halt.

Diese Praxis scheint die Zeitgenossen nicht gestört zu haben, denn daran wird keine Kritik geübt. Kritisiert wird Nabal, der als Geizhals und als großspuriger Angeber geschildert wird, der nichts herausrü­cken möchte und sich vor Davids Männern wie ein Möchtegernheld aufspielt. Gut zu verstehen, dass David stinksauer ist und Rache schwört.

Hier nun tritt Abigajil auf den Plan. Sie erfährt von Nabals kurzsichti­gem Verhalten, seiner Selbstüberschätzung und der Beleidigung Davids durch ihren Mann. Jetzt siegt ihre Klugheit über die Loyalität gegenüber ihrem Ehemann. Wenn er so bescheuert handelt, kann ich ihm nicht treu und ergeben folgen, hier muss ich hinter seinem Rücken versuchen, seinen Fehler auszubügeln, denn sonst bin ich mit ihm gemeinsam die Leidtragende. Also sendet sie mit eiskalter Berechnung aber mit schönen Begleitworten an David ein Beste­chungsgeschenk, sozusagen den Tribut für den Sicherheitsdienst, den Davids Leute für die Hirten und Herden ihres tölpelhaften Gat­ten leisten. Damit soll David gnädig gestimmt und von der zu fürch­tenden Rache abgehalten werden.

Und da Abigajil selbst David entgegeneilt, ist die direkte Begegnung vorprogrammiert. Auch wenn es nicht ausgesprochen wird, ist doch davon auszugehen, dass Abigajil ihren Sex-Appeal gezielt als „Waf-fe“ einsetzt – Wenn David sich schon nicht von meiner großzügigen Spende umstimmen lassen sollte, wird er doch meinen Reizen und meinem Charme erliegen und einer schönen, begehrenswerten Frau den Wunsch nach Verschonung nicht abschlagen. Abigajil ergreift entschlossen ihre Chance. Sie weiß genau: eine lebenswerte Zu­kunft kann für sie nur im Einvernehmen mit David bestehen, nicht gegen ihn. So das Kalkül. Und die Rechnung geht auf!

Es spinnt sich eine Beziehung an, die ausschließlich auf Berech­nung und Vernunftgründen basiert. Da wird keine sentimentale, schmalzige Story mit Happy end à la Hollywood erzählt, hier ist nichts von der knisternden Erotik des Hohenliedes zu spüren. Hier gehen zwei eine Beziehung ein, die beiden nützlich ist und das Überleben oder zumindest die Erhaltung des Lebensstandards si­chert. In der Diplomatie würde man sagen, eine Vereinbarung zum beiderseitigen Vorteil.

Abigajil, die bisher wohl ein Leben in Wohlstand führen konnte – siehe die 5 Dienerinnen –, aber eher unbeachtet von der Umgebung in einer nicht gerade beglückenden Ehe gelebt hatte, sichert sich ih­ren Aufstieg, indem sie die Werbung Davids annimmt. David hat mit Sicherheit eine verheißungsvollere Zukunft zu bieten mit wirtschaftli­cher Absicherung, Ansehen und vielleicht sogar einem gewissen po­litischen Einfluss, spätestens dann, wenn er – wie zu erwarten ist – den Thron bestiegen hat.

David verhält sich wie ein Macho: Wenn sich da eine so besonnene, kluge und vorausschauende Frau findet, die ihn vor einer terroristi­schen Attacke bewahrt hat und nun unvorhersehbar als Witwe wie­der zur „Auswahl“ steht, dann nutzt er die Gelegenheit, seinem Ha­rem ein weiteres Juwel hinzuzufügen, da kann er sein Renommee steigern. Dass von seiner Seite Liebe oder zärtliche Gefühle im Spiel gewesen wäre, ist nirgendwo zu erkennen. Es scheint viel­mehr so, dass er seinen Status verbessern, sein Ansehen erhöhen kann, wenn bekannt wird, dass er die schöne Abigajil zur Frau ge­nommen hat.

Wie wenig hier Erotik eine Rolle spielt, wird auch daran deutlich, dass nach dieser Episode von Abigajil nie wieder etwas in der Bibel erzählt wird. Keine Liebesgeschichte, nichts von Kindern, die sie Da­vid geboren hätte. Sie hat ihre Rolle gespielt, sie hat David die Gele­genheit verschafft, seinen Harem zu erweitern. Sie hat ihre Schul­digkeit getan und bedarf keine weitere Erwähnung mehr!

Was also hat uns diese Geschichte von Abigajil heute noch zu sa­gen?

Es lohnt sich für uns, eine Seite ihres Handelns noch einmal zu be­denken, weil hier ein Beispiel für eine friedliche Bewältigung eines Konflikts erzählt wird, eine Bewältigung, die auch für uns heute nütz­lich sein kann.

Abigajil verhindert durch ihr Handeln einen bewaffneten Überfall oder Racheakt Davids und seiner Männer. Sie hätten beim Eintrei­ben des Schutzgeldes gnadenlos alle Leute des Nabal niederge­macht, um gewissermaßen ein Exempel zu statuieren: so ergeht es denen, die das Schutzgeld nicht zahlen wollen. Abigajil unterläuft die Machtspiele der beiden Männer Nabal und David, indem sie hinter dem Rücken des Ehemanns eine Versöhnung mit dem beleidigten David anbahnt. Mit einem großen Geschenk, mit dem Tribut, den David eingefordert hat, besänftigt sie ihn und bringt ihn dazu, auf die geplante Strafaktion zu verzichten. Abigajil „opfert“ einen Teil des Besitzes, des Gewinns der landwirtschaftlichen Arbeit Nabals, um so ihr Leben, ihren Hof, ihr Ansehen zu retten. Und andererseits, um David die Möglichkeit zu eröffnen, ohne Gesichtsverlust von der Ra­che Abstand zu nehmen und eine diplomatische, friedliche Lösung des Konfliktes zu akzeptieren. Ein Konflikt, der viele Menschenleben hätte kosten können, wurde so beendet, bevor er eskalieren, ja be­vor er richtig ausbrechen konnte. Das macht Abigajil für mich zum Vorbild.

Wer so weitblickend eine Lösung von Divergenzen anstrebt und sie damit beherrschbar macht, wer lieber einen einmal eingeschlagenen Pflock herauszieht, statt auf ein vermeintliches Recht zu pochen, wer sich lieber von einem Teil seines Besitzes trennt und sich selbst klein macht, um der Gegenseite das Einlenken auf eine Verhand­lungslösung zu ermöglichen, der oder die hat sich den Anspruch er­worben, dass man seiner/ihrer gedenkt und seine/ihre Handlungs­weise nachahmt.

Von der Ehe Abigajils mit David erfahren wir, wie schon gesagt, in der Bibel nichts. Ob sie eine wesentliche Rolle unter den Frauen des Königs gespielt hat, bleibt offen. Aber ich vermute, wer so gewieft, so berechnend und vorausschauend gehandelt hat wie Abigajil in unserer Geschichte, wird auch im Palast des Königs David, oder zumindest in seinem Harem, für Frie­den und für eine harmonische Beziehung gesorgt haben. Grund ge­nug, uns an sie zu erinnern!

 

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, der bewahre eure Herzen und Sinne für Christus Jesus, unseren Herrn. Amen.